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Bei Fendrich bleibt niemand zwider – DiePresse.com

“Bei Fendrich bleibt niemand zwider – DiePresse.com”


Rainhard Fendrich, Elder Statesman des Austropop, ist wieder da. Innerhalb eines Monats verkaufte er zum zweiten Mal die Wiener Stadthalle aus. Und gab sich nachdenklich, beseelt und auch ein bisserl kindisch.

Als Rainhard Fendrich seine Karriere begann, drehten sich seine Singles noch in den Jukeboxen der Tschocherln und Tschecherln der Wiener Vorstadt. Dort konkurrierten sie mit Scheiben von Peter Cornelius und Wolfgang Ambros. Seine Lieder hatten etwas, was recht rar battle im klassischen Austropop: Humor.

Das Style lebte ja sonst eher vom Ausplaudern von Nöten, vom Sichsuhlen im Jammer. Mit Rainhard Fendrich kam damals ein neues, lindes Lüfterl in den lokalen Pop. Er ist eine mehrschichtige Persönlichkeit. Der Schlawiner, der Wortspiele liebt, und der Grübler, dessen politisches Herz hyperlinks schlägt, stehen nicht im Widerspruch. Auch nicht auf dem aktuellen Album „Wimpernschlag“.

Hits hat Fendrich immer geschrieben. Manche kennt halt keiner. Wie das sardonische „Schön Shoppen“ von 2013, vom exzellenten Album „Besser wird’s nicht“, das damals chartmäßig nicht viel Eindruck hinterließ. Fendrich hat darüber nicht lang nachgedacht. Er hat einfach weitergemacht, bis das große Publikum wieder bereit für ihn war. Mit dem großen Konzert in Schönbrunn, samt der Philharmonie Salzburg unter der Leitung von Christian Kolonovits, hat er im Vorjahr die Trendumkehr geschafft. Innerhalb eines Monats hat er nun die Wiener Stadthalle zum zweiten Mal ausverkauft.

Ballade über durchzechte Nächte

Rainhard Fendrich hat immer noch die Haare schön. Auch wenn seine Labialfalten die großen Krisen ahnen lassen, der Mann hat noch viel Spannung im Leib. Er ist zweifelsohne der Best Ager der klassischen Austropopper. Auch wenn es zuweilen etwas g’staubt hat, damals in diesem Lokal hinter der Volksoper. Die durchzechten Nächte zelebrierte er an diesem Abend in der wehen Ballade „Zwischen eins und vier“, über jene frühen Uhrzeit „wo kaner lüagt, weil se die Wahrheit außerwürgt“. In der Nacht kommt das Unbewusste an die Macht. Egal, ob im Traum oder im Delirium. „Hat dir die Nacht ihr siaßes Gift erst injiziert, gspürst, wie so vieles glei an Wichtigkeit verliert. A echtes Gfühl reißt wia a Wund’n auf in dir, zwischen aans und vier“, sang Fendrich an diesem Abend leise, aber mit Nachdruck in diesem Klassiker aus seinem Repertoire.

„Das war der Sommerhit von 1981“, kündigte er dann sein „Strada del Sole“ knapp an. Was wie eine Fernwehhymne anmutete, war bekanntlich ein Loblied für das lokale Strandbad. Nie sei er an der Strada del Sole gewesen, gestand Fendrich seinen Fans in der Stadthalle. Den Liedtext habe er vielmehr in einer Pizzeria am Wolfgangsee verfasst, erzählte er. Und dass es für ihn damals dennoch italienische Sehnsuchtsorte gegeben hätte: Bibione, Cesenatico und natürlich Jesolo. Schon fuhren wir mit ihm im „Nachtzug nach Jesolo“, einem schwungvollen Song seines aktuellen Albums. Und ja, er kommt immer noch mit „bochanen“ Reimen. Auf „Jesolo“ folgt „Sie hat g’sagt, sie ist eh solo.“ Selbstverständlich war dann ihr Freund nicht weit. Überhaupt tummelten sich im Lied bald mehr Kagraner als auf der Copa Kagrana.

Und natürlich „I Am from Austria“

Mit viel Gusto wechselten Fendrich und seine exzellente Band zwischen alten Hadern und neuen, zart melancholischen Liedern wie „Nur ein Wimpernschlag“, in dem er über das unerbittliche Verfließen der Zeit meditiert. In sein live verabreichtes Hitpanorama hat es auch wieder „I Am from Austria“ geschafft. Dieses längst als alternative Bundeshymne gefeierte Lied hat Fendrich lange Zeit live ausgespart. Jetzt kündigte er es als „Geist aus der Flasche“ an. Prägnanter Nachsatz: „Man kann seine Heimat auch lieben, ohne andere zu hassen.“ Dafür gab es Sonderapplaus.

Vital federte Fendrich durch seinen „Tango Korrupti“, gab sich funky in „Malibu“. Locker schaffte er den Spagat zwischen Ironie und Altruismus über die Langstrecke von 33 Songs. Highlight war sein gut abgehangener Schlager „Weu’sd a a Herz hast wia a Bergwerk”. Diesen „Ohrwaschlkräuler“, wie Voodoo Jürgens sagen würde, entbot er im Unisono-Gesang mit den Massen. Jetzt waren alle gerührt. Aller wienerischer Ingrimm und Zwider waren wie weggewischt. Ein Wunder.

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